Chronik des Veteranen- und Reservistenvereins Schwindkirchen
Gleich nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 kam es allenthalben in Deutschland zur Gründung von Veteranenvereinen. Der Sieg über Frankreich hatte das ohnehin lebhafte nationale Bewusstsein noch verstärkt und man war der Meinung, dass die gefallenen Söhne einer Gemeinde nicht einfach vergessen sein dürften. So war es auch in der Pfarrei Schwindkirchen.
1875 schlossen sich 57 Veteranen, ehemalige Soldaten der Kriege 1866 und 1870/71 zum "Veteranen- und Kriegerverein Schwindkirchen" zusammen. Das Mitgliedsbuch aus der Gründungszeit führt die Namen der Veteranen, Geburtstag, Zugang und ehemalige Dienstverhältnisse genau auf. In den folgenden Jahren wuchs die Mitgliederzahl stetig, so dass 1905 bereits 126 Namen verzeichnet sind. Ab 1880 kamen auch Männer mit aktivem Wehrdienst dazu. Schriftführer in jenen Jahren war der Kaufmann und Musiker Matthias Schußmüller aus Schwindkirchen. Bis 1. März 1934 wurden in diesem Mitgliedsbuch 251 ehemalige Soldaten aus der Pfarrei Schwindkirchen aufgeführt, die damals aus den selbständigen Gemeinden Schwindkirchen, Schiltern, Wasentegernbach und Schönbrunn bestand.
Der erste Höhepunkt des jungen Vereins fand am 10.November 1895 statt. An diesem Tag feierte der "Veteranen- und Kriegerverein "das 25-jährige Feldzugsjubiläum, dass für die Pfarrei Schwindkirchen ein großartiges Fest wurde. Auch die Gedenktafel in der Pfarrkirche für die 9 Gefallenen war mit einem Lorbeerkranz geschmückt. Vereinsvorstand dürfte zu jener Zeit der "Adambauern Sepp" Josef Marketsmüller von Straß gewesen sein. Als 2. Vorstand wird der "Glasl-Vater" Matthäus Häusler von Stollnkirchen genannt.
Im Jahre 1900, am 27. Mai, stand wieder eine große Feier an. Das 25-jährige Gründungsfest wurde mit großem Aufwand begangen. Ein Fahnenband, dass damals von Amalie Untergehrer aus Schwindkirchen an die Fahne geheftet wurde, ist heute noch vorhanden. Die Familie Stephan Untergehrer aus Stollnkirchen, Nachfahren jener Amalie Untergehrer, haben es zu diesem 120-jährigen Gründungsfest restaurieren lassen.
Die folgenden Jahre verliefen ohne große Aktivitäten, waren aber von einem regen Vereinsleben gekennzeichnet.
Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges gaben die beiden Vereinsvorstände ihre Ehrenämter in jüngere Hände, ohne zu ahnen, dass dies nur für kurze Zeit sein sollte.
Als am 2. August 1914 die Mobilmachung erfolgte und nach und nach alle wehrdienstfähigen Männer zu den Waffen gerufen wurden, mussten die ehemaligen Vorstände wieder die Führung des Vereins übernehmen.
Dieser 1. Weltkrieg, der im November 1918 endlich zu Ende war, verlangte von der Bevölkerung viele Opfer. 68 gefallene und 8 vermisste Soldaten hatte die Pfarrei Schwindkirchen zu beklagen. Die überlebenden Soldaten kamen verhältnismäßig schnell in ihre Heimat zurück und so konnte bereits im Januar 1919, im Gasthaus Neuwirt eine frohe Heimkehrerfeier stattfinden. Der Veteranen- und Kriegerverein stand damals unter der Führung von August Egensperger aus Wampeltsham und seinem Stellvertreter Martin Renner von Rumberg. Unter ihrer Leitung wurde eine neue Fahne angeschafft, da die mehr als 50 Jahre alte Fahne bereits erhebliche Schäden aufwies. Wieder war ein großes Fest angesagt. Am 01. Juni 1930 wurde die neue Fahne feierlich geweiht. Nun besaß der Verein zwei Fahnen. In diesen beginnenden dreißiger Jahren war auch immer wieder von einem gewissen Adolf Hitler zu hören. Nach seiner Machtübernahme wurden schon bald alle Vereine verboten oder in nationalsozialistische Organisationen umgewandelt. Eigenständige Aktivitäten gab es nicht. Im Herbst 1939 begann mit dem Feldzug gegen Polen der unselige 2. Weltkrieg. Er nahm erst im Mai 1945 mit der deutschen Kapitulation sein trauriges Ende. Unsere Pfarrei hatte diesmal 79 Gefallene und 42 Vermisste zu beklagen. Dazu kamen noch neun gefallene und sechs vermisste Soldaten von Heimatvertriebenen, die in der Pfarrei Schwindkirchen eingewiesen worden waren. Leider ging die Entlassung der Kriegsgefangenen, besonders derer aus den Ostgebieten, nur schleppend voran. Sogar 5 Jahre nach Kriegsende schmachteten noch viele unserer Heimatsöhne in fremden Lagern, wo Sie bei oft schwerster Arbeit auf die immer wieder hinausgezögerte Heimkehr warten mussten.
Die ersten Nachkriegsjahre waren geprägt von Hunger und Not, fast alles war rationiert. Vereine und Vereinsleben blieben im Hintergrund. Aber schließlich wurde das stille Verlangen danach stetig stärker und man hörte auch immer öfter: "Was ist denn mit unserem Veteranenverein? San vielleicht unsere Gfallenen koa Denkmal wert?" Aber das dauerte halt immerhin noch eine Anzahl Jahre, bis sich diese Forderung und Anschauung durchsetzen konnte. Ganz wesentlich dazu beigetragen hat Franz Strasser, damals Bürgermeister von Wasentegernbach. Er gab die ersten Impulse und wurde nicht müde, für die Wiedergründung des Veteranenvereins einzutreten.
Und so kam es, dass endlich im Januar 1956, zehn Jahre nach Kriegsende, beim Neuwirt eine gut besuchte Veteranenversammlung stattfinden konnte. Dabei wurde beschlossen, dass das Stammlokal des Vereins wie bisher beim "Alten Wirt" bleiben sollte. Anschließend ging es an die Wahl des Vorstandes. Mit großer Stimmenmehrheit wurde Franz Wendlinger aus Wampeltsham 1.Vorstand. Zu seinem Stellvertreter bestimmten die Gründungsmitglieder Hans Geiger aus Schiltern. Weiter wurde beschlossen, dass die Salutkanone an die Pfarrei übergeben wird. Das Amt des Schußmeisters übertrug die Versammlung Valentin Maier von Schwindkirchen.
Schon wenige Wochen später begannen die Bemühungen um die Restaurierung und Erweiterung des Kriegerdenkmals, auf dem auch die Namen der Gefallenen des 2. Weltkrieges erscheinen mussten. Steinmetzmeister Eduard Seisenberger von Dorfen legte verschiedene Pläne vor und schuf das neue Kriegerdenkmal, das schließlich am 18. November 1956 durch Pfarrer Josef Bauer eingeweiht werden konnte.
Nun folgte, von den herkömmlichen Vereinsveranstaltungen abgesehen eine 4-jährige Pause. Erst im Jahre 1960 kam wieder lebhafte Aktivität in das Vereinsleben. Das 90-jährige Gründungsfest mit Weihe der restaurierten Fahne musste vorbereitet werden. Am 17. Juli 1960 war der große Tag da. 40 Vereine zogen in einem langen Festzug durch das Dorf. Pfarrer Josef Bauer zelebrierte den Festgottesdienst und nahm auch die Weihe der Fahne vor.
Das Jahr 1966 brachte einige Änderungen. Die Kriegergedächtnistafel von 1870/71 wurde im Einvernehmen mit Pfarrer Max Abelshauser in der Armen-Seelen-Kapelle angebracht. Die Tafeln am Kriegerdenkmal mit den Namen der Gefallenen waren durch Sturm zerstört worden und mussten durch neue ersetzt werden. Der Kriegerjahrtag vom Pfingstmontag wurde auf den Volkstrauertag im November verlegt. Der langjährige Schußmeister Valentin Maier trat zurück, sein Amt übernahm Leonhard Stehbeck von Stollnkirchen.
1968 wurde der Jahresbeitrag von zwei Mark auf drei Mark erhöht.
Ein Jahr später, 1969, gab der 2. Vorstand Hans Geiger sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Auf der Jahreshauptversammlung wurde Zeno Göschl aus Armstorf zum neuen 2. Vorstand gewählt.
Im nächsten Jahr erfolgte wieder eine Beitragserhöhung. Der Jahresbeitrag steigt von 3 Mark auf 6 Mark. Jahrzehntelang war es üblich, dass der Vereinsdiener beim Tode eines Veteranen die Vereinsmitglieder aufsuchte und vom Ableben verständigte. Dieses Kirchenbitten wurde 1970 eingestellt.
Das Jahr 1972 brachte einen besonderen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte. Das 100-jährige Gründungsjubiläum wurde gefeiert. Ein sehr gut besuchter Heimatabend beim "Alten Wirt" leitete das Fest ein. Vorstand Franz Wendlinger konnte dabei Urkunden für 60- und 65-jährige Mitgliedschaft überreichen. Für den unterhaltsamen Teil sorgte überwiegend der Trachtenverein Wasentegernbach. Am Pfingstmontag, dem 22. Mai, zogen 28 Vereine in die Pfarrkirche, wo Dekan Markus Westenthanner,
ein Heimatsohn aus Mainbach, den Festgottesdienst hielt.
Nun kamen für die Vorstandschaft des Krieger- und Veteranenvereins sorgenvolle Jahre. Immer mehr Veteranen starben und die Mitgliederzahl nahm rapide ab. Musste der Verein etwa aufgelöst werden? Damals gab es schon einen Reservistenverein. Man wandte sich daher an die jungen Männer und warb eindringlich darum, dem Veteranenverein beizutreten. 1979 war es dann so weit. Der Reservistenverein unter der Leitung von Stephan Untergehrer, Stollnkirchen, trat geschlossen dem Veteranenverein bei und brachte damit neue Aktivitäten in das Vereinsprogramm.
1985 starb 2. Vorstand Zeno Göschl. Zu seinem Nachfolger wurde Anton Rappold von Niederhöning gewählt.
Zwei Jahre später, 1987 trat der 1. Vorstand Franz Wendlinger zurück, der ununterbrochen 31 Jahre lang den Veteranen- und Kriegerverein geführt hatte. 135 Vereinskameraden erwies er am Grabe die letzte Ehre. Sein Amt übernahm der bisherige 2. Vorstand Anton Rappold. Stellvertreter und 2. Vorstand ist nun Simon Stadler jun., Schwindkirchen. Franz Wendlinger wurde zum Ehrenvorstand ernannt.
1990 legte Schußmeister Leonhard Stehbeck sein Amt nieder. 24 Jahre lang hatte er bei der Beerdigung eines ehemaligen Soldaten Salut geschossen. Nach einer ehrenvollen Verabschiedung wurde Rudi Ernst aus Steinberg neuer Schußmeister. Ein weiterer Beschluss legte fest, dass die Zahlung des Mitgliedsbeitrages durch Bankeinzug erfolgen soll.
1995 kam man endgültig überein, den Veteranen- und Kriegerverein Schwindkirchen in Veteranen- und Reservistenverein umzubenennen. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen von Gemeinde, Pfarrei und bei Vereins-feiern ist der Veteranen- und Reservistenverein mit seiner Fahne dabei. Jährlich wird ein Terminkalender mit den wichtigsten Vereinsveranstaltungen erstellt.
Die Reservisten, die seit ihrer Gründung von Stephan Untergehrer geführt wurden, tragen in besonderem Maße zur Bereicherung des Vereinslebens bei. Einige der Mitglieder sind auch im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr organisiert.
Alljährlich wird ein Spanferkelessen veranstaltet, zu dem alle Kameraden, alt und jung, eingeladen sind. Jeden Herbst misst man sich im Kleinkaliber-schießen und ermittelt den Vereinsmeister.
Der Abschluss jedes Vereinsjahres wird mit einer würdevollen Weihnachtsfeier begangen. Der Verein hat mehr als 100 Jahre das öffentliche Leben in der Pfarrei mitgestaltet, hat auf Tradition geachtet und sich für ein friedliches Miteinander eingesetzt. Im Bewusstsein unserer Bevölkerung hat der Veteranen- und Reservistenverein einen festen Platz